2.
Es ist ein immer noch zu wenig reflektierter gesellschaftlicher Reflex unsere pluralistische, liberale Grundordnung, unsere Gewaltenteilung und die Presse- und Meinungsfreiheit - in großen Teilen als richtig und wichtig anerkannt - untrennbar mit unserer repräsentativen parlamentarischen Demokratie zu verknüpfen. Zu schnell wird jede Infragestellung unsere Staatsform in eine extremistische Ecke verband! Aber auch wenn etwas mehr oder doch eher weniger gut Funktioniert, darf - ja muss man es dennoch hinterfragen dürfen. Aber dieses Hinterfragen der vermeidlich demokratischen Prozesse in unserem Parteiensystem ist gerade noch so weit erlaubt, in so fern es in einer unkonkreten Forderung nach mehr direkter Beteiligung gipfelt und die Entscheidung über eine solche Ausgestaltung der etablierten Politik überlassen wir. Es ist nicht die Frage wie gut sich die Regierung darstellt oder ob das eine oder andere Gesetz richtig und sinnvoll ist oder an welche Missständen sich keiner rantraut! Es ist auch nicht die Frage wie viel scheinbare Mitbestimmung wir durchs Kreuzchen machen haben. Die entscheidende Frage ist doch, ob wir alle so leben können wie wir es uns wünschen. An einem Ort, in einem Land, auf einem Kontinent, in einer Welt wie wir sie gerne hätten. - Zu oft mehr als nur Verbesserungsbedarf! Wohl wissend, dass das Gute immer der Feind des Besseren ist, sollte dies uns nicht davon abhalten nach dem Optimalen zu streben. Und so muss angesichts einer Vielzahl eklatanter systemischer Defizite die Frage wie es besser gemacht werden kann zumindest erlaubt sein. Dann braucht es - als Zeichen unserer Zeit - immer weniger Mut gegen den beschworenen gesellschaftlichen Konsens, die berühmte Systemfrage zu stellen. Es ist genau das Debattieren dieser Frage der entscheidende Test dafür, wie freiheitlich unser System wirklich ist. Wenn wir wirklich frei sind, dann dürfen wir uns eine neue Ordnung geben. Sind wir es nicht - dann müssen wir es tun!
3.
Nochmehr als die schlechten Nachrichten die aus aller Welt auf unseinprasseln, besorgt mich den Zustand derer, die aufgrund ihrerOrganisation ihrer Struktur und ihrer spezifischen Fähigkeiten dieMacht hätten aus der Krise eine Chance zu machen! Was fehlt ist dieEinigkeit! Bei der Summe an weltweiten Problemen, bei der Härte undSchnelligkeit mit der es uns trifft , noch treffen wird und bei denHerausforderungen die dadurch entstehen, kann nur gemeinsames Handelnzum Erfolg führen. Ich glaube in der Zwischenzeit hat der letzteerkannt, dass der Kampf um Macht und Einfluss, der Kampf derIdeologien und Religionen, auch die Eitelkeiten einzelner - bei uns,zum Glück muss man wohl sagen, bis jetzt „nur“ zu etwas Terrorund zu Migrations-problemen geführt hat. Zwietracht wurde unter unsgesät. Und dann noch die Bürger- und Stellvertreter- Krieg zwischenrund um die Welt verorteten vielgestaltigen, hemmungslosen Mächten.Der Zuspruch für die extremen Ränder, die Radikalisierung undVerrohung der Gesellschaft. Die Teilung in arm und reich, dieSpaltung Europas in Ost und West, Nord und Süd. Und jetzt auch nochder Konflikt mit einst Alliierten, innerhalb der westlichen Welt. Dasganze, auch von uns mitverantwortete, Unrecht in der Welt fliegt unsum die Ohren! Die Angst geht um - bei jedem! Zu Recht! Dass ist es,was uns dann doch wieder eint! In unserem Unglück vereint! Und dannist da noch dieser Zwiespalt tief im Inneren von uns selbst! UnserHandeln mal mit mehr, mal mit weniger Gewissen. Mal Helfend, danndoch Verurteilend. Mal Milde, aber doch Zornig. Eben noch gemeinsam,dann aber gegen Alle. Zu sehr Eingerichtet haben wir es uns, imwohltuenden Zuspruch der eigenen Echokammern. Der Anonyme Massenhass,aus Furcht entstanden, fliest zu leicht aus uns heraus. DieHemmschwellen sinken, nicht nur dort. Die einen hüten vermeidlichdie Wahrheit, die andern schreien Lüge. Die einen nennen nanntensich „rechts“ die andern „links“. Als es noch Einfach war!Und die bedrohliche näher rückende Zukunft! So vieles steht auf derKippe. So vieles läuft schief! Besserung ist nicht in Sicht. Dabraucht es Hoffnung! Aber wer oder was bringt uns diese neueHoffnung? Bis jetzt sehe ich nur falsche Propheten und unangenehmeRattenfänger! Aber was geschieht dann wenn es soweit ist? Was, wenndie kritische Masse und der richtige Zeitpunkt erreicht? Passiertdann gar nichts, oder Lassen wir uns weiter gegeneinander aufgehetzt?Teile und Herrsche?! In meiner Wahrheit ist es nur einkleinkarierter Streit um den richtigen, parallelen Weg, um abstrakteZielformulierungen und zum Teil geht es nur um banaleBegrifflichkeiten. Die einen fordern einen starken Staat, die anderenden Sozialismus. Die einen wollen die Rückbesinnung auf dasNationale, die anderen kritisieren die Globalisierung. Die einen sindgegen die Juden, die anderen sind für die Palästinenser. Das großeÜbel dabei ist die historische Feindschaft. Obwohl die ideologischeÜberlagerung doch klar zu erkennen ist. Der Totalitätsanspruchbeider. Die gleiche enttäusche Zielgruppe. Nur das Volk, den kleinenMann im Sinn. Die Separierung von der verweichlichten Mitte. Aberauch die alten Kampflieder, die Traditionspflege, die Flaggen vorausund die Heldenverehrung. Man trifft sich hintenrum. Man befruchtetsich gegenseitig, man braucht sich und lernt sogar voneinander! Undtrotzdem ist es total Abwegig. Noch! Der Tag wird kommen an dem dieNotwendigkeit der Einheit, durch den gemeinsamen Feind, erkannt undvollzogen wird. Aber wie soll das möglich sein? Wer ahnt es schon?Es ist selten, einmal in einer Generation, aber doch immerwiederkehrend und oft auch Eck- und Wendepunkt der Geschichte. - EinMann wird es sein! Oder, meines Wissens nach, das erste mal eineFrau?! Einer, bereits jetzt schon unter uns! Ihr alle ahnt wen ichmeine! Es ist - der charismatische Anführer! Fragt die Historiker,Fragt die Soziologen, Fragt die Politikwissenschaftler. Von derAntike an! Fragt wen ihr wollt! Das was wir vorhaben geht nur mit demEinen, dem ganz speziellen unter uns! Nennt ihn wie ihr wollt. Nenntihn Anführer. Mit den richtigen Ideen wird er uns begeistern. Dierichtige Sprache wird er finden. Mit seinem Gespür für die Zeit,der mit dem Gefühl für die Kräfte im Spiel um die Macht. Er mussvoran gehen und riskiert dabei viel – im Zweifel alles! DieVerantwort soll er übernehme. Er muss das Charisma besitzen, erbraucht die Schaffenskraft und vor allem wird es sein Schicksal sein.Die Vereinigung der Massen! So wird er sich endgültig Offenbaren!Wer noch immer glaubt auch alleine stark genug zu sein, fürhistorische Aufgaben in unserer Gegenwart, dem sei gesagt:Einzelschicksale bestehen, wenn überhaupt, nur zufällig vor derMacht des Menschheitsschicksals. Deshalb werdet Teil des großenGanzen! Lasst uns einen neuen Weg gehen. Vorbereitet und im richtigenMoment durch die von „Ihm“ gegebene Einheit stark genug zu seinist die einzigste Chance die wir haben. Noch ein Wort zum Anführer,zu diesem oft fälschlich verehrten, dem deshalb verschmähten undverpönten, dem verhassten und dem zu Recht gefürchteten: Nur keineAngst! Dieses Mal sind wir die Guten! Wenn so was wie Gut und Bösenoch zählt. Stellt sich die Frage, wie soll das konkretfunktionieren? Ganz einfach! Wir machen es so wie unsere Vorfahren esjahrhunderte Lang getan haben! Immer Fehden und Streitigkeitenuntereinander halten wach und die Schwerter scharf. Der größteFeind des Deutschen ist ein anderer Deutscher. Wenn aber dieBedrohung von außen zu groß wurde war es gute Sitte, dass allefreien Männer und Frauen sich friedlich versammelten um zudiskutieren, zu argumentieren und dann abzustimmen über Krieg undFrieden. Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!Und war die Entscheidung dann gefallen, dann wählten alleWaffentragenden für den bevorstehenden Kampf aus ihrer Mitte denBesten - ihren Herzog. Auf dass er in schwerer Stunde führen solle.Und so soll es wieder sein! Die Diskussion zu Hause ist baldErschöpft. Die große Runde steht bald an! Dann brauchen wir eineeinstimmige Entscheidung! Brüder hört die Signale! Ist es wirklichschon so spät? Noch nicht ganz! Aber wenn die nächste Finanzblaseplatzt, der nächst Krieg im Nahen Osten eskaliert, oder lasst eseinfach nur weiter der schleichende Prozess sein, der seit Jahrenunaufhörlich für unsere Sache arbeitet! Und wenn unsereSystemrepräsentanten sich dann als ungeeignet für die richtigenLösungen erweist, dann sollten wir bereit sein für das Notwendige!Deshalb schärft weiter eure Waffen, aber wenn die Zeit gekommen ist,dann folgt dem Ruf - dann werden wir müssen! Dann werden wirhoffentlich auch sehn wer der Revoluzzer ist, der Herzog werden soll.
1.
Fragmentierung (aus lat. frāgmentum für ‚(Bruch)Stück, Überbleibsel‘ zu frangere ‚brechen‘; -ieren ‚Bildung von etwas‘) bedeutet im Allgemeinen „Zergliederung“ und benennt folgende Begriffe:
in den Gesellschaftswissenschaften:
Chaos [ˈkaːɔs] (von altgriechisch χάος cháos) bezeichnet alltagssprachlich zumeist einen Zustand von vollständiger Unordnung oder Verwirrung (Wirrwarr), in der antiken Mythologie und in der Philosophie fungiert er als Gegenbegriff zu Kosmos, dem griechischen Begriff für die (Welt-) Ordnung oder das geordnete Universum, in modernen naturwissenschaftlichen Theorien (Chaosforschung) hingegen zur Bezeichnung der Unvorhersagbarkeit von Prozessen.
Die große Fragmentierung oder die Ordnung im Chaos
Wie uns die Physiker lehren strebt alles um uns herum, die Natur, die Welt, das ganze Universum nach dem energieärmsten Zustand: dem Chaos. Komplexe Systeme als Elemente von komplexen Systemen lassen sich berechnen: sie führen ins Chaos.
Beim Betrachten der politischen Welt zeigen sich bemerkenswerte Parallelen. Auf die bipolare Welt des Kalten Krieges, mit ihrer Spannung, mit klaren Zuordnungen, die einer inneren Logik folgten, ist eine so genannte multipolare Welt gefolgt. Dabei greift Multipolar hier aber zu kurz, lässt dies doch glauben es gäbe so etwas wie eine neue Welt-Ordnung. In Wahrheit zeigt sich ein fortschreitender Zerfall: die UN verliert an Unterstützung, die Nato wird geschwächt, die Pariser Klimaziele gelten nicht mehr für alle, Internationale Abkommen werden aufgekündigt, Handelskriege, Glaubenskriege… Hin zum Chaos!
Ebenso zeigen sich in den klassischen Gesellschaften Auflösungserscheinungen. Wir, die Bürger sind nicht mehr nur regional, nicht mehr nur staatlich, nicht mehr nur als Teil der Westlichen Staatengemeinschaft organisiert. Das digitale Zeitalter, an dessen beginn wir stehen, macht uns zu Weltbürgern. Die Grenzen, physisch und psychisch, lösen sich auf, wir leben so frei wie nie zuvor, der Individualismus scheint die bevorzugte Lebensart zu sein: hier noch ein Selfi, dort noch ein Post, Ich für die ganze Welt.
Doch jedes Individuum, jeder Mensch sucht von Natur aus nach Zugehörigkeit, nach Gemeinschaft, nach einer Gruppe mit passenden Identitätsmerkmalen. Wir haben nicht mehr nur die eine Identität die uns eint. Wir schaffen uns neue Identitätskategorien: wir sind Mann /Frau, wir sind Hetero /Homo, wir sind Fleischesser /Veganer, wir sind Umweltschützer /Kraftwerksarbeiter, wir sind Radfahrer /Automobil. Dabei geht das große Ganze verloren, wir streben auseinander, teilen uns auf in kleine Gruppen, wir vertreten Partikularinteressen. Und so befinden wir uns, befindet sich unsere soziale Gruppe, im Machtkampf um Anspruchsberechtigung. Unsere Identitätsgruppe hat Rechte und wir erheben Ansprüche: Gleichstellung, Radwege, Kohleausstieg, … Die Bewegung hin zum Chaos zeigt sich im Auseinanderstreben, dem fragmentieren von Gestaltungskraft.
Was soll´s, könnte man fragen. Die Gesellschaft wandelt sich nur von alten Strukturen hin zu Neuen. Aber wer hält dann die öffentliche Ordnung (noch) aufrecht?! Wer regelt das Gemeinwohl, wer spricht Recht, wer hat das Gewaltmonopol? Noch ist es der Staat... Der im Chaos versinkt!